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Ökumenisches Christsein

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1. Einführung

Alle Christen bekennen sich explizit zumindest seit fast 1700 Jahren zur einen, heiligen,

katholischen und apostolischen Kirche (εἰς

μίαν

ἁγίαν καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν

ἐκκλησίαν / et (in)

unam

, sanctam, catholicam et apostolicam Ecclesiam.

Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel). Diese Einheit der Kirche gehört zu einem

der zentralen Feststellungen unseres gemeinsamen Glaubens und trotzdem steht die

Trennung bzw. Trennungen der Christen ganz deutlich vor Augen. Alle Christen und sogar

die christlichen Kirchen glauben an die "eine" Kirche. Darin liegt allerdings eine ungeheure

Spannung zwischen Realität und Gegenstand des Glaubens. Die verlorene Einheit

erscheint als ein dringendes Desideratum ja ein Ziel der Christen und der christlichen

Kirchen: die Einheit der Kirche konkret und auf sichtbare Weise in dieser Welt zu

realisieren.

Zugleich muss festgestellt werden, dass die Kirchengeschichte zum großen Teil eine

Geschichte von Spaltungen ist; Spaltungen und Spannungen, die weder mit dem

abendländischen Schisma im 16. Jh. noch mit dem morgenländischen anfingen. Wenn wir

in die Vergangenheit zurückblicken, finden wir Trennungen nach den Konzilien von

Chalzedon (451), Ephesos (431) und sogar bis in die Zeit der Apostel

1

. Die Geschichte des

Christentums und der Kirche ist demnach von dieser Spannung zwischen Spaltung und

Einheit durchdrungen. Neu ist jedoch die Schärfe, mit der man heute das Verlangen nach

Einheit spürt. Unterschiedlich ist allerdings das Verständnis dieser Einheit. Wie kann diese

eine Kirche aussehen, in ihrer konkreten Realisierung? Und nicht zuletzt, wie ist diese

Einheit zu erreichen?

2. Kontext

Neben den oben erwähnten Trennungen soll man nicht vergessen, dass es auch ständig in

der Geschichte Unionsversuche gab: nach Ephesos, nach Chalzedon, nach 1054 z. B. auf

den Konzilien von Lyon (1274) und Ferrara-Florenz (1439). In den letzten Jahrhunderten

wurde jedenfalls diese Suche nach der Einheit zu einer wachsenden Bewegung unter den

Kirchen. Dazu gehören die Gründung der Evangelischen Allianz (1846), sowie die

Weltmissionskonferenz von Edinburgh (1910), die Enzyklika des Patriarchen von

Konstantinopel, in der er alle Kirchen in der Welt einlud, nach dem Vorbild des

Völkerbundes einen Kirchenbund zu bilden (1920), und eine Reihe von Organisationen

1

UR 3: "In dieser einen und einzigen Kirche Gottes sind schon von den ersten Zeiten an Spaltungen entstanden,

die der Apostel aufs schwerste tadelt und verurteilt".