Ökumenisches Christsein
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Reageer"Die Kirche als Institution bringt die Kirche Jesu Christi in einer geschichtlich
begrenzte Gestalt zur Erscheinung. Diese Aussage ist ökumenisch brisant. De
Anspruch, die Kirche des Credo zu realisieren, wird jede Kirche erheben. Daraus wird
nun aber im Konzil nicht mehr gefolgert, dass es nicht gegebenenfalls auch andere
Subsistenzen von Kirche geben kann. Dies wird an dieser Stelle nicht direkt
formuliert, aber es wird auch nicht ausgeschlossen. Jedenfalls werden die
orthodoxen Kirchen als "Kirchen " im eigentlichen Sinne bezeichnet, in ihnen
subsistiert offensichtlich ebenfalls Kirche, trotz aller Trennungen und trotz der
Ablehnung der Dogmen des I. Vatikanums"11.
Anders ausgedrückt, findet sich die von Christus gegründete Kirche auch außerhalb der
Katholischen Kirchen. Auf diesem Meilenstein von LG beruht nun UR und geht doch
darüber hinaus.
Im 4. Paragraphen wird die "Ökumenische Bewegung" und ihre Tätigkeiten dargestellt
sowie die Aufgaben der Katholiken für die Erneuerung der katholischen Kirche. Darunter
werden die Anerkennung und Hochschätzung der Güter aus dem gemeinsamen Erbe
genannt. Letztendlich wird die Spaltung der Christen als ein Hindernis für die Fülle der
Katholizität der Kirche verstanden
12
. Nach den "Prinzipien" kommt im zweiten Kapitel "die
praktische Verwirklichung des Ökumenismus"; und dieser Ökumenismus wird als "Sache
der ganzen Kirche" präsentiert. Dazu bedarf aber die Kirche einer dauernden Reform, der
Erneuerung, der inneren Bekehrung, des Neuwerdens des Geistes und des Gebetes. Hinzu
werden die theologische Unterweisung, die Vermeidung eines falschen Irenismus, die
Rangordnung oder "Hierarchie" der Wahrheiten sowie eine Zusammenarbeit im sozialen
Bereich erwähnt. So gesehen betont das zweite Kapitel die Notwendigkeit eines
geistlichen (und sozialen) Ökumenismus. Im dritten Kapitel geht das Dekret mit den
verschiedenen "Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften" differenziert um. Es spricht
explizit von "Zwei besondere(n) Kategorien von Spaltungen", im Orient und im Abendland.
Zunächst befasst sich das Dekret mit den orientalischen "Kirchen", die entweder aufgrund
einer dogmatischen Bestreitung oder aufgrund der Aufhebung der kirchlichen
11
Peter Neuner, Das Dekret über die Ökumene
Unitatis Redintegratio
, in: F.X. Bischof – S. Leimgruber (hg.),
Vierzig Jahre II. Vatikanum. Zur Wirkungsgeschichte der Konzilstexte. Würzburg 2004, 125.
12
UR 4: " Aber gerade die Spaltungen der Christen sind für die Kirche ein Hindernis, daß sie die ihr eigene Fülle
der Katholizität in jenen Söhnen wirksam werden läßt, die ihr zwar durch die Taufe zugehören, aber von ihrer
völligen Gemeinschaft getrennt sind. Ja, es wird dadurch auch für die Kirche selber schwieriger, die Fülle der
Katholizität unter jedem Aspekt in der Wirklichkeit des Lebens auszuprägen".