Perspectief 2016-34

2016-34 9 Com ment Vielfältige Anerkennungsprozesse und die Frage nach ihrer theologischen Basis mein Anliegen zu verdeutlichen: dass es wichtig sein könnte, bestimmte Gestalten von Anerkennung nicht vorschnell zu vermischen, ohne andererseits Zusammenhänge auseinander zu reißen. Die Dreistelligkeit der Anerkennung: „Anerkennen als“ „Anerkennung“ ist ein Relationsbegriff: „Jemand erkennt etwas oder jemanden an.“ Genauer gesprochen handelt es sich jedoch um einen dreistelligen Relationsbegriff: „Jemand erkennt jemanden oder etwas als jemanden oder etwas an“. Diese Figur akzentuiert Thomas Bedorf und verbindet die Als-Struktur der Anerkennung mit der These, dass es nie zu einer vollen Identität zwischen den mit „als“ verbundenen beiden Elementen kommt: dass also nie jemand einfach „als er selbst“ anerkannt wird, sondern dass immer ein Element der Verkennung im Spiel ist. 4 Ob diese Verkennung in absolut jedem Fall auftritt, mag man diskutieren, 5 der Normalfall scheint sie mir jedenfalls zu sein. In der Regel wird das daran liegen, dass der Anerkennungsprozess gar nicht auf eine Komplettidentität zielt: Wenn ich jemanden als einen sehr geschätzten Kollegen anerkenne, dann weiß ich, dass ich damit nicht seine gesamte Person erfasse, und das ist auch nicht mein Ziel. Ob man angesichts des Geheimnisses, das wir letztlich sind, wirklich jemanden „als ihn selbst“ anerkennen kann, sei dahingestellt. Wenn es sich bei der Anerkennung nicht um Personen handelt, mag eine solche Identität möglich sein – was noch einmal auf die Notwendigkeit von Differenzierungen verweist, hier der zwischen der Anerkennung von Personen und anderen Gestalten von Anerkennung. Die Als-Struktur der Anerkennung bedeutet jedenfalls: Anerkennung ist kein ja/nein- Verhältnis: Werde ich anerkannt oder nicht?, sondern es muss immer dazugesagt werden, worauf sich die Anerkennung bezieht. Ich kann einer Studentin in der Prüfung die Anerkennung als kompetente Theologin verweigern, sie aber zugleich als einen wertvollen Menschen anerkennen. Freilich ist diese Unterscheidung in der Praxis oft nicht so sauber 4 Vgl. Thomas Bedorf, Verkennende Anerkennung : Über Identität und Politik (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2010). 5 Kritisch dazu Saarinen, Risto, „Die Gabe als Sprachphänomen: sich geben, als etwas anerkennen.“ in Die Gabe: Zum Stand der interdisziplinären Diskussion, hrsg. von Veronika Hoffmann, Ulrike Link-Wieczorek und Christof Mandry, 30–48. Freiburg im Breisgau: Alber, K, 2016.

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