Perspectief 2016-34

2016-34 13 Com ment Vielfältige Anerkennungsprozesse und die Frage nach ihrer theologischen Basis getrennt, die sich in der Moderne ausdifferenziert haben: Anerkennung im institutionellen, rechtlichen Bereich einerseits, Anerkennung im interpersonalen und familiären Bereich andererseits. Im interpersonalen Bereich spielen auch heute noch Gaben eine wichtige Rolle. Im formalen sind sie nach unserem Rechtsempfinden jedoch fehl am Platz. Wenn ich auf die Behörde gehe, um einen neuen Personalausweis zu beantragen, muss ich zum Glück kein Geschenk mitbringen. Vielmehr werden Vermischungen der beiden Ebenen heute nicht selten als Korruption geahndet. (Und es ist sicher kein Zufall, dass in mafiösen Strukturen oft Verwandtschaftsbeziehungen eine entscheidende Rolle spielen: Die neuzeitliche Differenz von staatlichen, rechtlichen, wirtschaftlichen Verhältnissen und familiär-personalen wird hier wieder eingezogen.) Das heißt auch: Institutionen können nicht verletzt sein oder sich missachtet fühlen – obwohl sie natürlich faktisch missachtet werden können. Wenn ich den deutschen Staat nicht anerkenne und mich deshalb weigere, Steuern zu zahlen, muss ich mit juristischen Konsequenzen rechnen. Aber der Staat wird ob meiner Missachtung nicht beleidigt sein. Es scheint mir nicht unwichtig, diese Unterscheidungen auch in der Ökumene nicht vorschnell zu verwischen. Gottes schöpferische Anerkennung Wie steht es nun um die im Titel genannte theologische Basis von Anerkennung? Und was hat diese mit den vorgenommenen Differenzierungen zu tun? Damit komme ich auf die erste eingangs genannte Problemstellung zurück. Bisher werden in der Theologie, soweit ich sehen kann, weitgehend philosophische und sozialwissenschaftliche Anerkennungskonzepte rezipiert, was ja auch durchaus sinnvoll ist. Gibt es aber darüber hinaus auch eine genuin theologische Gestalt der Anerkennung? Ich habe auf die Frage noch keine umfassende Antwort, sondern biete nur erste Überlegungen an. Diese verstehen, wie angekündigt, Rechtfertigung als Anerkennung. Ich habe mit Bedorf behauptet, dass die Dreistelligkeit der Anerkennung dazu führt, dass diese ein Element der Verkennung enthält: Niemand kann ganz und gar als er oder sie selbst anerkannt werden. Jetzt könnte man gewissermaßen in einer theologischen Instinktreaktion sagen: Genau hier liegt die entscheidende Besonderheit der göttlichen Anerkennung, die sie vor aller menschlichen auszeichnet. Gott ist der einzige, der den Menschen bis ins Tiefste kennt und ihn dennoch ganz und gar annimmt, ohne jedes

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