Perspectief 2016-34

2016-34 11 Com ment Vielfältige Anerkennungsprozesse und die Frage nach ihrer theologischen Basis Gemeinschaft der Staaten anerkannt werden. Auch hier geht es um Tatsachenfragen (z.B. die Frage nach dem Geburtsort von Barack Obama, damit er als legitimer Präsident der USA anerkannt werden kann), aber zugleich handelt es sich bei dieser Gestalt von Anerkennung um eine Zuschreibung an eine natürliche oder juristische Person. Hingegen hat diese Gestalt der Anerkennung in der Regel wenig mit persönlichen Sympathien zu tun. Ob mir der amtierende Papst persönlich sympathisch ist oder nicht, dürfte eine eher kleine Rolle dafür spielen, ob ich das Papstamt als Einheitsamt für alle Christen akzeptiere. Diese Abgrenzung führt uns bereits zur dritten Gestalt von Anerkennung: 3. interpersonale Anerkennung. Hier liegt die wohl gängigste und zu Recht als zentral betrachtete Gestalt von Anerkennung vor: jemanden anerkennen als Freund, als Mitchrist, als relevanten Gesprächspartner etc. Und auch hier zeigen sich Übergänge zwischen den Formen. Jemanden als einen relevanten Gesprächspartner anzuerkennen, kann auch eine formale statt einer interpersonalen Anerkennung sein: Die Sachbearbeiterin auf der Behörde ist meine relevante Ansprechpartnerin, weil sie formal zuständig ist. Ob ich sie auch als kompetent anerkenne, ist eine andere Sache. Differenzierung 1: Anerkennung von Sachverhalten vs. personale und institutionelle Anerkennung Meine Beispiele haben schon versucht zu zeigen, dass die drei skizzierten Gestalten von Anerkennung keine scharf abgegrenzten Kategorien darstellen, sondern es Übergänge, vielleicht auch Unklarheiten gibt. Mindestens zwei Differenzierungen scheinen sie mir aber zu ermöglichen, die ich für wichtig halte: Die erste Differenzierung betrifft die Anerkennung von Sachverhalten einerseits und die Anerkennung von Personen oder Institutionen andererseits. Die Bedeutung dieser Unterscheidung kann man z.B. im Toleranzdiskurs ablesen. Dem derzeit einflussreichen Konzept von Rainer Forst zufolge 7 hat Toleranz immer eine „Zurückweisungskomponente“: Toleranz kommt überhaupt nur ins Spiel, wenn ich etwas nicht anerkenne, sondern 7 Rainer Forst, Toleranz im Konflikt : Geschichte, Gehalt und Gegenwart eines umstrittenen Begriffs, 3. Aufl. (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2012).

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