Perspectief 2016-31

Perspectief 28 Bisschop Prof. Dr. Martin Hein III: Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen. IV: Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der einen über die anderen, sondern die Ausübung des der ganzen Gemeinde anvertrauten und befohlenen Dienstes. Die biblischen Ämter, die der rechten Verkündigung und Ordnung dienen, erscheinen in diesem Licht als eine Basis, evangelischerseits auch über das Petrusamt nachzudenken. Das eröffnet die Möglichkeit, nach einem Bischofsamt zu fragen, das die konkrete Gemeinde überschreitet und die universale Kirche repräsentiert, das allerdings zugleich von allen weltlichen Formen der Jurisdiktion und Herrschaft zu befreien wäre. Es muss in die anderen, ebenfalls biblisch belegten Formen synodal-presbyterialer und vor allem konziliarer Kirchenleitung eingebunden sein und das Priestertum aller Gläubigen in der Einheit der Ämter repräsentieren. Dafür scheint mir einzig ein konziliarer Prozess tauglich zu sein, der im Hören auf die Heilige Schrift als gemeinsamer Grundlage des Glaubens nach der angemessenen Gestalt der Kirche fragt. Das war und ist ein Kernanliegen der Reformation! Und so arbeitete letztlich auch die Alte Kirche in ihrem Bemühen, gemeinsam hermeneutische Standards der Schriftauslegung zu formulieren – jedenfalls aus einer reformatorischen Perspektive. 2.3 Kirche als konziliare Auslegungsgemeinschaft und das Lehramt Das Hören auf die Heilige Schrift ist die Voraussetzung, weil auch Konzilien irren können und der Vorwurf des Irrtums eines Konzils nur anhand der Heiligen Schrift erhoben werden kann. Ökumenische Verständigung meint im Kern nichts anderes, aber eben auch nicht weniger, als einen Prozess der Verständigung über die Art und Weise, wie die Heilige Schrift gelesen und die in ihr enthaltene Wahrheit für die Gegenwart erhoben und formuliert werden kann. Der reformatorische Prozess ist ein hermeneutischer Prozess. In diesem Sinn kann auch das Dogma verstanden werden als eine Regel der Schriftauslegung, die nicht nur ihrem

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