Perspectief 2018-41

2018 - 41 Gab es einen Dritten Weg 21 Reag eer Debatten um Sozialismus oder Kommunismus entsprechend „ent-europäisiert“ oder auch „ent-westlicht“. 22 5 . Theologischer Paradigmenwechsel im Ökumenischen Rat der Kirchen Auf seiner Gründungsversammlung in Amsterdam 1948 hatte sich der Ökumenische Rat der Kirchen das Leitbild der „verantwortlichen Gesellschaft“ zu Eigen gemacht. Damit definierte er als ein wesentliches Ziel der ökumenischen Bewegung, dass sich ihre Mitglieder für eine auf der individuellen Verantwortung des einzelnen Christen aufbauende demokratische, gerechte und soziale Gesellschaft einsetzen sollten. Dieses Konzept wurde allerdings seit den 1960er Jahren zunehmend in Frage gestellt. Einen Wendepunkt markierte hier die vom Ölumenischen Rat der Kirchen verantwortete Weltkonferenz für Kirche und Gesellschaft in Genf 1966: Vertreter von Kirchen aus der „Dritten Welt“ kritisierten das Stabilität und Ordnung erhaltende Konzept der „verantwortlichen Gesellschaft“ als ein „westliches“ Konzept und forderten, dass die Ökumene angesichts der dramatischen sozialen und politischen Umbrüche der Dekolonisierungsprozesse nach neuen Wegen suchen müssten, wie sich die Kirchen an den revolutionären Veränderungen in ihren Ländern beteiligen könnten. So entwickelten sich Themen wie Entwicklung, Humanisierung, Menschenrechte, Rassismus, Befreiung und Solidarität mit den Armen zur neuen Agenda des Ökumenischen Rates der Kirchen. Die Vollversammlung in Uppsala 1968 stellte die Weichen dafür, dass diese Themen auch in der programmatischen Arbeit und der Struktur des ÖRK verankert wurden. Durch die wachsende Anzahl von Vertretern aus der „Dritten Welt“ lösten sich die Debatten aus der Blockkonfrontation zwischen Ost und West in den 1970er Jahren allmählich auf und wurden nun im Ökumenischen Maßstab global diskutiert. Der Ökumenische Rat der Kirchen beschloss neue Aktionsformen, z.B. die Hilfsaktionen im sog. Biafra-Konflikt, das Programm zur Bekämpfung des Rassismus oder auch die Alphabetisierungsprogramme unter der Leitung von Paulo Freire. Weitere Kristallisationspunkte dieses ökumenischen Politisierungsprozesses waren beispielsweise die Einrichtung eines Kirchlichen Entwicklungsdienstes, die Weltmissionskonferenz in Bangkok 1972/73, auf der der Neokolonialismus des westlichen Christentums hart attackiert wurde. Doch nicht nur die programmatische Arbeit des Ökumenischen Rates der Kirchen durchlief in den 1960er und

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