Perspectief 2018-41

Perspectief 14 Dr. Katharina Kunter internationale Organisation wie auch ein repräsentatives Kirchengremium, an dem sich zahlreiche Entwicklungen und Konflikte der Zeitgeschichte und der Kirchengeschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verdeutlichen lassen. Der Kalte Krieg bildete eine Art Metageschichte des Ökumenischen Rates der Kirchen, denn sein impliziter Antagonismus zwischen West und Ost und seine verschiedenen Phasen prägten auch die großen Debatten, Kontroversen und Richtungsentscheidungen des Ökumenischen Rates der Kirchen. Deutlich war das bereits bei seiner Gründungsversammlung im August 1948 in Amsterdam. Hier verkörperten in der Sektion 3, die den Titel „Die Unordnung der Welt“ trug, die beiden Hauptredner, der amerikanische Außenpolitiker John Forster Dulles und der tschechische Theologe Josef Hromádka, die neue Bipolarität der Welt: Beide vertraten zwei diametral entgegengesetzte Konzepte darüber, welchen Weg die Kirchen und die Ökumene angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen Ost und West einschlagen sollten. 8 Dabei warb Dulles für die freie Gesellschaft und die individuellen Menschenrechte und warnte die Ökumene vor dem Kommunismus und seinem inhärenten Totalitarismus. Hromádka sah dagegen den bourgeoisen, kapitalistischen Westen als eine Hauptursache für den Nationalismus und Faschismus der 1930er Jahre und die dann folgende Katastrophe des Zweiten Weltkrieges an und setzte jetzt seine ganzen Erneuerungshoffnungen auf die neuen sozialen Bewegungen aus dem Osten, den Sozialismus und Kommunismus. Welchen Weg sollte da die Ökumene einschlagen? In Anlehnung an den Schweizer Theologen Karl Barth plädierte der Ökumenische Rat der Kirchen in Amsterdam für einen von den beiden Supermächten USA und UdSSR unabhängigen „Dritten Weg“ und formulierte: „(…) Die christliche Kirche sollte die Ideologie beider verwerfen, des Kommunismus und des Laissez-Faire-Kapitalismus, und danach trachten, die Menschen von der falschen Vorstellung zu befreien, diese beiden stellten die einzige Alternative dar. Beide haben Versprechen gemacht, die sie nicht einlösen können. (…) Es gehört zu der Verantwortung der Christen, neue schöpferische Lösungen zu suchen, die es nicht zulassen, dass Gerechtigkeit und Freiheit sich gegenseitig zerstören.“ 9 Ob es freilich tatsächlich einen solchen „Dritten Weg“ in einer bipolaren Welt geben konnte, blieb für den Ökumenischen Rat der Kirchen während der zweiten Hälfte des 20.

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