Perspectief 2017-37

2017-37 Impulse aus der Reformation für die Zukunft der Kirche 33 Reag eer Zu einer Reformbewegung wurde die Reformation faktisch erst, als sie zu scheitern drohte, als Rom diese Anfrage abwies und nun tatsächlich die evangelischen Kirchen entstanden. Und dies geschah von Anfang an in einer großen Pluralität der Organisationsformen. Das drückt sich in der Vielfalt der Kirchenordnungen und der Bekenntnisse aus, die deshalb nicht als die Schwäche, sondern gerade die Stärke des reformatorischen Gedankens zu deuten sind und seine Modernität ausmachen. Diese Kirchen strebten sehr bald zur Konsolidierung und haben sich dann über mehrere Jahrhunderte in ihrer Gestalt sehr wenig verändert! Gleichwohl: Es gibt in der protestantischen Theologie eine Schwäche in der Ekklesiologie. Pointiert gesagt: Es gibt eigentlich keine befriedigende Theologie der sichtbaren Kirche! Dem möchte ich im Folgenden noch ein wenig nachgehen und damit die Ausgangsfrage beantworten: „Reformatorische Impulse für die Reform der Kirchen“. 8. Der Ertrag: Sechs wesentliche Impulse für Kirchenreformen 8.1. Sichtbare und unsichtbare Kirche Ein erster und wesentlicher Ertrag der Reformation für heutige Reformbemühungen ist, dass die konkrete Gestalt einer Kirche gegenüber der Botschaft indifferent ist. Das ergibt sich aus der reformatorischen Unterscheidung von sichtbarer und unsichtbarer Kirche. Es gibt keine sakrosankte Organisationsform für Kirche. Jede Gestalt von Kirche steht in eschatologischer Distanz zum Volk Gottes. Das ist ein Satz, der in seiner Radikalität sicherlich nicht allen vor Augen steht. Er ergibt sich aber aus der Formulierung von Confessio Augustana Art. 7. Dort werden als notwendige, aber auch als hinreichende Kennzeichen der Kirche Evangelium und Sakrament genannt. Deutlich ist, dass die Kirche immer möglichst flache, partizipatorische Organisationsformen suchen sollte. Das liegt darin begründet, dass sich aus dem „allgemeinen Priestertum“ die Gemeinde als Basis der Kirche ergibt. Sie ist die einzige im protestantischen Verständnis theologisch sakrosankte Organisationsform. Sie entsteht freilich durch die Verkündigung und ist nicht etwa ihre Voraussetzung: Ecclesia creatura verbi. Das Wort schafft sich seine Kirche! Was sich aus diesem Gedanken auch ergibt: Historische Gestalten von Kirche können nicht dafür dienen,

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