Perspectief 2017-37

2017-37 Impulse aus der Reformation für die Zukunft der Kirche 31 Reag eer Generation heran, die Kirche gar nicht mehr kennt und darum auch meint, sie nicht zu brauchen. Oder umgekehrt. • Der Mitgliederschwund, der in Wellen zwar nicht dramatisch, aber kontinuierlich ist, bringt sinkende Einnahmen. Obwohl im Moment die widersprüchliche Situation besteht, dass die Einnahmen wegen der wirtschaftlichen Entwicklung steigen, so steigen doch auch die Kosten. Das betrifft Gehälter und Löhne oder die Erhaltung und Sanierung von Gebäuden nach den modernen Standards für energiesparendes Bauen. Aber mehr noch zählt in diesem Zusammenhang die schwindende Akzeptanz von gesellschaftlichen Institutionen überhaupt. Für beide großen Kirchen bedeutet das – in einem Schlagwort gesagt – den Wandel von der Institution zur Organisation ernst zu nehmen. Diese Gemengelage führte sowohl in der Evangelischen Kirche in Deutschland als auch in den Gliedkirchen zu sehr unterschiedlichen Reformbestrebungen. So stellt sich angesichts des Reformationsjubiläums die Frage: Was ist der bleibende Impuls der Reformation für eben diese Reformbestrebungen? 6. Ecclesia semper reformanda? Es war in der evangelischen Theologie der Nachkriegszeit, allemal aber nach den Umwälzung der 1960er Jahre, common sense: „Ecclesia semper reformanda“ – die Kirche muss stetig erneuert werden. Doch dagegen gibt es Einwände. Zum Einen: „Reformation“ wird hier als „Reform“ verstanden. Ist das überhaupt berechtigt? Diese Frage wurde damals gar nicht gestellt! Und zum Zweiten: Diese Verpflichtung zur „ständigen Reform“ wird mit dem Rückgriff auf die Reformation begründet. Aber ist es protestantisch-theologisch überhaupt zulässig, etwas aus der „Tradition“ heraus zu begründen? Nun ist diese Parole gar nicht reformatorisch: Sie stammt aus Kreisen reformierter Theologen des 18. Jahrhunderts, die damit ausdrücken wollten, dass die Kirche nach ihrer äußerlichen Reformation auch einer innerlichen Reformation bedürfe. Es ist also ein Satz aus der Sphäre eines radikalen Pietismus, der über recht verschlungene Wege via Karl Barth und Ernst Wolf in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der deutschen evangelischen Theologie ankam.

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