Perspectief 2016-31

2015-31 21 Das Ringen um ein ökumenisches Reformationsgedenken in Deutschland Möglichkeiten und Aussichten Bisschop Prof. Dr. Martin Hein 1 Reformation: eine Positionsbestimmung Es ist auch in der evangelischen Theologie nicht unumstritten, was mit „Reformation“ eigentlich genau gemeint ist. Das betrifft sowohl inhaltliche wie historische Fragen. Es ist daher sicher sinnvoll und hilfreich, wenn ich mich zu Beginn positioniere, ohne dass ich damit den Anspruch erhebe, zum Streit um die Reformation ein letztes Wort zu sagen. Es geht mir im Folgenden vor allem darum, den „evangelischen Blick“ zu präzisieren. 1.1 Reformation als historische Epoche „Reformation“ bezeichnet zum einen eine historische Epoche : Gemeinhin ist damit die Zeitspanne von 1517 bis zum Abschluss des Konkordienbuchs 1580, spätestens aber bis zum Westfälischen Frieden von 1648. Aber schon diese Abgrenzung ist schwierig. Sie kann den Eindruck erwecken, als wäre die Reformation ein kontingentes Ereignis, das sozusagen voraussetzungslos mit dem Handeln einzelner Personen beginnt und dann endet. Tatsächlich aber ist es anders: Wir können die „Reformation“ nicht ohne ihre Vorgeschichte betrachten und auch nicht aus dem Kontext ihrer Wirkungen isolieren. Die historische Perspektive hilft uns, das Zeitgebundene mit dem gebührenden Abstand zu betrachten. So wird es möglich, die gegenseitigen Verletzungen zu benennen, zu bearbeiten und zu überwinden. Für das Reformationsjubiläum könnte das auch bedeuten, in Akten gemeinsamer Buße („Healing of Memories“) die Wunden zu heilen. Denn auch das möchte ich gleich zu Beginn deutlich formulieren: Die römisch-katholische Kirche, wie wir sie heute kennen, ist ebenfalls ein Ergebnis der Reformation – es ist die katholische Kirche, die als Reaktion auf die Reformation sich im Tridentinischen Konzil neu formierte. Dabei schärfte

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxMzI=