Perspectief 2018-41

Perspectief 12 Dr. Katharina Kunter 1. Zur Forschungssituation 2 Hogebrinks Einsicht ist auch bis heute, fast 30 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges in Europa, kein ökumenischer Konsens geworden. Das gilt sowohl im Hinblick auf die kirchlich-ökumenische Geschichtsschreibung, als auch für die wissenschaftliche Aufarbeitung. Nach wie vor gibt es keine übergreifende, empirisch erarbeitete und historisch argumentierende Darstellung, die sich der Ökumene und den Kirchen im Kalten Krieg von der Zeit seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis 1991 widmet. Der einzige Versuch ist bis heute eine Momentaufnahme aus dem Jahr 1992 geblieben, nämlich Owen Chadwicks „The Christian Church in the Cold War“, die zwar auf keinerlei Archivstudien basierte, trotzdem aber nach wie vor ein beeindruckend breites, überkonfessionelles Portrait des Christentums im Ost-West-Konflikt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeichnet. 3 Die breitesten Kontroversen um die Rolle des Ökumenischen Rates der Kirchen hat die aus drei Einzelteilen bestehende Studie von Gerhard Besier, Armin Boyens und Gerhard Lindemann aus dem Jahr 1999 ausgelöst. Sie erschien unter dem Titel „Nationaler Protestantismus und ökumenische Bewegung. Kirchliches Handeln im Kalten Krieg 1945- 1990“. 4 Ungeachtet unterschiedlicher kritischer Einwände, die von verschiedenen Seiten gemacht wurden, handelt es bei diesem Werk aber nicht um eine breite historische Überblicksstudie, sondern um abgeschlossene Beiträge zur Evangelische Kirche in Deutschland und dem Ökumenischen Rat der Kirchen seit 1948, zum Themenkomplex Protestantismus, Kommunismus und Ökumene in den USA sowie zum Verhältnis der Christlichen Friedenskonferenz und dem Ökumenischen Rat der Kirchen. Im Rückblick betrachtet gab es zwar bis zum Ende der 1990er Jahre einen kurzen „Boom“ internationaler Forschungsprojekte, die sich mit der Rolle der Kirchen und der Ökumene im Kalten Krieg beschäftigten. In Deutschland wurden vor allem die Rolle der Kirche in der DDR sowie die gegenseitigen deutsch-deutschen Kirchenbeziehungen in der Bundesrepublik und in der DDR erforscht; in diesem Kontext war auch die Rolle der Ökumene von Interesse. Zu erwähnen ist ferner ein sich über mehrere Jahre erstreckendes internationales Projekt, das sich auf den Protestantismus in Osteuropa in den unterschiedlichen Epochen der kommunistischen Herrschaft konzentrierte und in diesem

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